Die Frage nach dem Honorar für einen Fotografen wird sich jeder stellen, der ein Bild für ein Kundenmagazin, einen Onlineshop oder eine Broschüre nutzen möchte. Die MFM – eine Arbeitsgemeinschaft professioneller Bildanbieter – gibt jährlich eine Honorarübersicht heraus. Wie sie zustande kommt und weshalb Social Media problematisch ist, erklärt Dirk Sendel, MFM-Vorsitzender von 2014 bis 2017.
Herr Sendel, in Honorarverhandlungen berufen sich Fotografen häufig auf die MfM-Liste. Was verbirgt sich denn dahinter?
Die MFM – Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing – ist ein Zusammenschluss von Bildagenturen, Gewerkschaften, Interessenvertretern und Fotografen unter dem Dach des Bundesverbandes professioneller Bildanbieter. Vor 1978 gab es keinerlei Übersicht, was Fotografen am Markt für ein Foto verlangen können oder was Bildkäufer üblicherweise bezahlen müssen. Seitdem versuchen wir zu ermitteln, welche Preise professionelle Fotografen im Durchschnitt für ihre Bilder erzielen. Sowohl Bildanbietern als auch Bildnutzern wollen wir damit einen Leitfaden an die Hand geben.
Wie gehen Sie dabei vor?
Zum einen machen wir Umfragen unter Bildverkäufern, zum Beispiel bei Agenturen und freien Fotografen. Unser Fragebogen geht an 700 Ansprechpartner, die Rücklaufquote liegt zwischen dreißig und vierzig Prozent. Bildagenturen stellen uns zunehmend ganze Datensätze aus ihrer Datenverarbeitung zur Verfügung. Zum anderen gehe ich auf Konferenzen und Branchentage und spreche dort mit Bildeinkäufern und Verkäufern. Aus allen Daten, die uns zugetragen werden, bilden wir dann für jeden einzelnen Nutzungszweck einen Mittelwert.
Müssen die Bildanbieter beweisen, dass sie das genannte Honorar tatsächlich bekommen haben? Oder anders gefragt: Haben die Honorare der MFM eine rechtliche Bedeutung?
Gerichte wenden die MFM-Bildhonorare sehr häufig bei der Bezifferung des Schadens bei Fotoklau an. Wir hören aber von Einzelfällen, in denen es die klagenden Fotografen etwas übertreiben. Stellen sie zum Beispiel der Allgemeinheit ihre Fotos unentgeltlich zur Verfügung – bei kostenlosen Bilddatenbanken wie Pixelio oder als Allgemeingut über Wikimedia zum Beispiel –, müssen sie damit rechnen, dass sie anderweitige Lizenzierungen auf dem Niveau der MFM nachweisen müssen.
Bezahlt die Preise aus der MFM-Liste tatsächlich jemand? Allein für das Cover eines gedruckten PR-Magazins beispielsweise sollen bis zu 1920 Euro anfallen – und dann ist die Onlinenutzung noch nicht mit berücksichtigt …
Die Honorarstaffeln in den MFM-Bildhonoraren verstehen sich für die einzelne Nutzung eines Fotos, nicht für Rahmenvereinbarungen mit Stammkunden. Das erläutern wir explizit am Anfang der Broschüre. Bei einer Einzellizenzierung sind solche Preise allein wegen des erhöhten Verwaltungsaufwandes durchaus erzielbar. Außerdem hängt das Honorar auch vom jeweiligen Bild ab: Wie einzigartig ist es, wie viele Anbieter auf dem Markt haben ähnliche Bilder, will ein Kunde das Bild exklusiv, was hat die Produktion des Bildes gekostet …?
Haben Sie für die Produktionskosten ein Beispiel?
Angenommen, ich habe ein Luftbild. Dann konnte ich dafür früher einen viel höheren Preis verlangen, weil ich viel Ausrüstung und einen Leiterwagen brauchte. Heute fallen die Preise, weil es immer mehr Drohnenfotografen gibt.
Was sind die größten Veränderungen der vergangenen Jahre?
Zum einen Social Media. Man muss da als Fotograf mitmachen, weil viele größere Firmen sich dort tummeln und es als Werbemittel erkannt haben. Eigentlich sind die AGB von Facebook und Co. mit Bildnutzungsrechten aber nicht zu vereinbaren – die dürfen laut ihrer AGB mit hochgeladenen Fotos machen, was sie wollen. Von MFM-Mitgliedern habe wir dann Feedback bekommen, dass einige ihre Bilder zwar zur Verwendung freigeben – aber nur mit Kennzeichnung im Bild.
Und zum anderen?
Eine zweite Veränderung ist die Bildnutzung in Apps. Anfangs hingen viele Bildanbieter in der Luft, weil sie nicht wussten, was sie dafür verlangen können: Verlage sagten ihnen, sie gingen von 1000 Klicks in einer App aus, in den Mediadaten schrieben sie aber von 10.000, weil das für Werbetreibende natürlich besser klingt. Das ist zwar auf der einen Seite legitim, auf der anderen Seite aber nicht fair den Fotografen gegenüber. Wo setzt man da an? Da beginnt dann – wie bei allen Neuheiten – eine Marktbeobachtung und langsame Honorarfindung.
Sie selbst sind Leiter der Agentur jump. Wie gehen Sie persönlich in einem solchen Fall vor?
Angenommen, ich möchte für ein Foto 500 Euro, und mein Gegenüber sagt, für seine neue App sei das zu viel, weil er den Erfolg seines Projekts nicht abschätzen kann. Dann frage ich, an welchen Preis er gedacht hat. Wenn sein Budget 20 Euro beträgt, dann werden wir nicht auf einen Nenner kommen. Ansonsten finden wir einen Kompromiss, zum Beispiel: 400 Euro, aber erst mal nur für ein halbes Jahr, und dann setzen wir uns noch mal zusammen.
Unterscheiden Sie bei der Preisgestaltung zwischen verschiedenen Kunden?
Natürlich: Einige Verlage drucken unsere Bilder häufig. Sie nehmen uns ganz andere Bildmengen ab als ein Kunde, der sich ein einziges Mal bei uns meldet – und bekommen deshalb beim Bildverkauf einen Rabatt. Oder nehmen wir einen regionalen Schreiner: Wenn er ein Foto braucht, um in seiner kleinen Region damit zu werben, dann wird er in der Regel weniger dafür bezahlen müssen als ein Sägewerk, das damit eine weltweite Kampagne aufzieht – unabhängig davon, welches Honorar in der MFM-Honorarübersicht steht.
Weshalb kosten werbliche Fotos eigentlich mehr als redaktionelle Bilder?
Ganz einfach: Wenn ein Foto dabei helfen soll, ein Produkt besser an den Mann oder die Frau zu bringen, dann ist es mehr wert, weil es im Rahmen einer Werbung mehr Gegenwert erzeugt.
Wie stark unterscheiden sich die Honorare in der MFM-Liste von Jahr zu Jahr?
Bis vor vier, fünf Jahren war ein Aufwärtstrend zu sehen, dann haben die Preise stagniert, jetzt erleben wir in einigen Bereichen Kürzungen. Ich befürchte, dass auch nächstes Jahr einige Bereiche diesen Trend beibehalten.
Titelfoto: foto.fritz / photocase.de
Um unser Netzwerk guter Fotojournalisten zu erweitern, freuen wir uns immer über die Zusendung von Portfolios; formlos per E-Mail mit einem Link zur Website. Wenn uns die Bildsprache gefällt, speichern wir Adresse und Region in unserer Fotografenliste und melden uns, falls in Zukunft ein Termin ansteht. Kontakt: post@publish-medien.de
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