Gutes Content-Marketing für unattraktive Produkte

Stark umgesetztes Content-Marketing spiegelt sich nicht nur im gelungenen Storytelling wider. Es kann seine Qualitäten ebenso bei Unternehmen und Produkten entfalten, die auf den ersten Blick unscheinbar oder gar unsexy wirken. Die Lösung hierfür ist denkbar einfach.

 

Es gibt sie noch immer: diese Produkte, die zwar jeder nutzt – aber nicht gern darüber spricht. Denn wer redet schon gern über sein Toilettenpapier des Vertrauens oder denkt mit Vorliebe über die nächste Heizperiode nach? Auch die neuesten Putzmittel werden nur ganz speziellen Hausmütterchen ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Und genau für diese Waren und Marken ist Content-Marketing perfekt, der Retter aus der Einöde sozusagen. Denn eines steht fest: Kaum ein Produkt ist wirklich so langweilig, dass es keine Geschichten zu erzählen gäbe – und wenn doch, gibt es immer noch die eine oder andere Serviceschraube, an der gedreht werden kann. Die folgenden Vorzeigebeispiele beweisen, dass gutes Content-Marketing niemals für die Tonne oder gar für den Allerwertesten ist.

Vanish:

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Wie entferne ich den Curryfleck aus der Bluse oder die Tennisasche aus dem weißen Polohemd? Die Antwort auf diese und viele andere Fleckenproblemchen liefert Vanish auf seiner Corporate Website: Dazu müssen im Fleckenlösungskonfigurator nur die passende Fleckenart und das betroffene Material ausgewählt werden, und schon wird die heilbringende Lösung auf dem Silbertablett serviert – und das sogar in mehreren Varianten. Zu viel Applaus für ein einfaches Onlinetool, das nicht mal in die große Geschichtentruhe greift? Nein. Denn auf die vielschichtige Story um den lästigen Lippenstiftfleck kann der oder die Geplagte in diesem Fall getrost verzichten – oder sie gegebenenfalls selbst erzählen. Was gebraucht wird, sind schnelle Lösungen – und die liefert Vanish ratzfatz. Doch auch die Besucher der Website sind beim Verteilen von Ratschlägen ganz vorn dabei, schließlich können sie sich in der Tipptauschbörse oder mit Videos selbst einbringen und gegenseitig helfen. Vorteil: Neben der Identifikationssteigerung mit der Marke wird gleichzeitig auch eine Community geschaffen, die ohne Input des Unternehmens weiterlebt und Besucher somit immer wieder auf die Seite lockt.

 

Charmin:

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Cha-cha-cha Charmin. Wer kennt ihn nicht aus der TV-Werbung – den tanzenden Zeichentrick-Braunbären, der im Bewegtbild freudig mit dem Hintern wackelt, nachdem er hinter dem Baumstamm zufrieden sein Geschäft verrichtet hat? Grund dafür ist natürlich das Charmin-Papier – denn auch Bären scheinen es weich zu mögen. So sinnfrei diese klassische TV-Werbung eigentlich ist, zeigt sie doch eindeutig, dass die Marketingabteilung des Toilettenpapierherstellers Procter & Gamble schon vor Jahren ein gutes Gespür für Werbekampagnen hatte. Einen weiteren Beweis dafür, liefert das Unternehmen auch mit seinen Content-Marketing-Aktivitäten für den US-amerikanischen Markt (in Deutschland wurden die Rechte schon vor Jahren an Zewa abgegeben): Die App „Sit or Squat“ (zu Deutsch: „Sitzen oder hocken“) listet in digitalen Stadtkarten alle sauberen öffentlichen Toiletten auf, die auf die Schnelle oft nicht zu finden sind – wenn das kein echter Mehrwert für den Alltag ist! Und damit die Informationen auch stets up to date sind, haben App-Nutzer zusätzlich die Möglichkeit, das (stille) Örtchen zu bewerten und Verbesserungsvorschläge zu notieren. Das ist Content-Marketing in seiner besten Serviceform.

 

Vaillant:

Vaillant

Mal ehrlich: Wer findet das Thema Heizen schon sexy? Und weil bei dieser Frage (die letzte Heizkostenabrechnung noch im Hinterkopf) wohl die wenigsten den Finger heben werden, hat Vaillant, die Marke für Heiz-, Lüftungs– und Klimatechnik, vor fünf Jahren eine ganz besondere Content-Marketing-Maßnahme ausgetüftelt: Sie gab eine europaweite Studie zum Heizverhalten in Auftrag, aus der nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch die Endnutzer viel lernen konnten. Hätten Sie zum Beispiel gedacht, dass die Deutschen im Durchschnitt einen Monat früher heizen als die Briten oder dass sie die Europameister im Warmduschen sind? Zugegeben, die Informationen des sogenannten Wärmebarometers sind vielleicht nicht überlebenswichtig, bieten aber doch unterhaltsames Zusatzwissen. Und weil die Ergebnisse nicht nur anschaulich zusammengetragen, sondern auch noch sehenswert dargestellt worden sind, macht der Konsum der Studie sogar Spaß. Und ganz ehrlich: Was kann einem Heizungsbauer Besseres passieren, als von seinen Kunden als sympathisch eingestuft zu werden? Vermutlich wird diese Markenwahrnehmung sogar über den Kreis der Stammkundschaft hinausgegangen sein, denn dank der übersichtlichen Infografiken hat es die Studie 2013 auch in zahlreiche Medien geschafft – und Vaillant somit eine breite Aufmerksamkeit verschafft.

 

Meridol und Elmex:

meridol-Blog

Noch so eine Produktgattung, über die oft nur hinter vorgehaltener Hand geredet wird – kein Wunder, schließlich geht es um Mundhygiene. Deshalb hält sich GABA, Hersteller für Mund- und Zahnpflegeprodukte, mit dem Storytelling auch lieber fein zurück. Stattdessen bietet das Unternehmen in seinen elmex– und meridol-Blogs nützliche Hinweise zum Thema Zahnreinigung, Mundgeruch und Co. Für die inhaltliche Seriosität und den Aufbau eines Expertenstatus sorgen neben dem Redaktionsteam auch Zahnärzte, Fachjournalisten oder Universitätsprofessoren. Klare Sache: Ein Besuch der beiden Blogs wird zwar nie so spannend sein, dass er der Abendunterhaltung dienen könnte, dafür ist er informativ und zudem weniger schmerzvoll als der viel gefürchtete Gang zum Zahnarzt. Deshalb werden auch die Besucher immer mal wieder zurückkehren oder die Seite weiterempfehlen.

 

Imodium akut:

Imodium_akut

Eine besonders schwierige Vermarktungsaufgabe hatte die Johnson & Johnson GmbH vor einigen Jahren mit ihrem Medikament Imodium akut vor sich – einem Mittel gegen Durchfall. Denn, entschuldigen Sie die Ausdrucksweise, ein besch… Themenfeld kann es ja wohl kaum geben. Und weil der Pharmakonzern wusste, dass kein Mensch in der abendlichen TV-Primetime gern mit Anti-Durchfall-Pillen belästigt wird, machte es aus der Not eine Tugend – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Durch eine Content-Marketing-Kooperation mit dem bekannten Glossar Gesünder Net und weiteren Partnern wurde das Magen-Darm-Lexikon kreiert, das Betroffenen im Fall der Fälle nützliches Expertenwissen vermitteln soll. Wie es sich für ein anständiges Lexikon gehört, findet der Kränkelnde dort also alle unappetitlichen Magen-Darm-Beeinträchtigungen in alphabetischer Reihenfolge – von den Adenoviren bis zum Zollinger-Ellison-Syndrom. Mittlerweile gibt es auch eine ordentliche Produkt-Website, die einen Ratgeber rund ums Thema Ursachenfindung, Behandlungs- und Vorbeugungsmethoden beinhaltet. Sogar eine Imodium-Infothek mit kurzen Expertenvideos wurde eingerichtet. All dies zahlt nicht nur auf die Kundennähe des Unternehmens ein, sondern steigert auch das Expertenimage und die Wahrnehmung einer besonderen Serviceorientiertheit.

 
Titelbild: publish! | Material: Adobe Stock

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2 Gedanken zu “Gutes Content-Marketing für unattraktive Produkte

  1. Tolle Case Studies, die zeigen: Content wirkt, wenn er Probleme löst. Vor allem für Produkte, die man braucht, aber null Sexappeal haben. Ich bin eine glühende Advokatin fürs Storytelling. Aber ich muss zähneknirschend zugeben: Eine inspirierende Story über Durchfallmittel ohne Fremdschämfaktor ist eine Herausforderung;) Ich denke würgend an die alten TV-Spots mit Heißluftballon im Hintergrund… Prima Artikel, der hat mir Spaß gemacht und wandert in meinen Fundus zum Zitieren.

    1. Hallo Daniela! Schön, dass dir der Artikel gefallen hat und dich vielleicht an der einen oder anderen Stelle sogar zum Schmunzeln gebracht hat. 🙂 Tatsächlich drängt sich ein Produkt wie Durchfallmittel fürs Geschichtenerzählen nicht gerade auf – auch wenn die Immodium-Akut-Werbung von 1997 (https://www.youtube.com/watch?v=mjmHFgm0gdI) wenigstens ein herzerwärmendes Happy End hat. 🙂 … Dennoch: Wir bleiben in solchen Fällen doch lieber bei den besagten Service-Inhalten – damit geht dann nämlich wenigstens nichts in die Hose. 😉

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