Veredelung: Wann sich die Mehrkosten lohnen

Gutes Papier und ein bisschen Lack auf einem Mailing haben in einem Test zu einer deutlich höheren Rücklaufquote geführt als ein Mailing mit normalem Papier. Diese Zahl belegt: Veredelungen haben ihre Berechtigung – auch in Magazinen. Wichtig ist jedoch immer ein triftiger Grund. Sonst verkommt Veredelung schnell zu wirkungsloser Effekthascherei.

Ob durch Glanzlack, Leder- und Holzeffekte oder durch Stanzen und Prägen: Es gibt eine Vielfalt an Möglichkeiten, Druckprodukte mit einem haptischen Effekt zu verstärken und hochwertig zu gestalten. Dieses sogenannte multisensorische Marketing ist derzeit sehr populär. Schließlich kann das haptische Erlebnis bei kreativen Veredelungen etwas sehr Besonderes sein und einen hohen Erinnerungswert haben.

Umso mehr stellt sich die Frage: Wie lässt sich eigentlich erkennen, ob die Mehrkosten für eine haptische Aufwertung auch den erhofften Mehrwert für ein Unternehmen bringen? Und gilt dieser Mehrwert auch dann noch, wenn sich immer mehr Werbetreibende mit veredelten Druckprodukten von ihren Wettbewerbern abheben wollen? Ein vergleichbares Beispiel bilden personalisierte Anschreiben: Anfangs fühlte man sich geschmeichelt, persönlich beim Namen genannt zu werden – und öffnete das Mailing. Später landeten auch diese Briefe ungeöffnet in der Papiertonne, weil es nichts Außergewöhnliches mehr war.

Die Folge: Wer heute Eindruck mit seinem Mailing machen möchte, braucht stattdessen Personalisierung in Form von Content, der auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten ist: Der Empfänger wird nicht mehr (nur) mit seinem Namen persönlich angesprochen, sondern (auch) über seine individuellen Interessen.

Auch für die Veredelung von Druckprodukten gilt es, unterschiedliche Zwecke zu berücksichtigen. Wichtigste Fragen hierbei: Wozu brauche ich das Produkt – und wie wird es eingesetzt? Denn multisensorisches Marketing funktioniert nicht nach dem Motto: Lack drauf und der Mehrwert ist da. Damit eine Veredelung nicht zur Effekthascherei wird, muss die Anwendung zwingend zum Produkt und zur Zielgruppe passen. Heißt: Das Produkt, seine Präsentation und das Markenversprechen müssen stimmig sein. Gerade weil es vielfältige Arten gibt, ein Erzeugnis zu veredeln, ist das Sprichwort „weniger ist mehr“ auch hier passend. Damit das sogenannte Ad-Special (Sonderwerbeform) auch gelingt, sollten die Spezialisten aus der Produktion (Druck, Veredelung, Weiterverarbeitung) frühzeitig in die Planung miteinbezogen werden.

Gemeinsamkeiten aller Veredelungen

Was allen Formen von Veredelung gemeinsam ist – egal für welches Produkt:

  • erhöhte Aufmerksamkeit
  • stärkerer Erinnerungswert
  • wecken von Kundeninteresse
  • Wirkungsverstärker von Marktversprechen
  • Qualitätsanmutung/Wertanmutung
  • Wertschätzung
  • Schutz

Unterschiede gibt es hingegen in ihrer psychologischen Wirkung – je nachdem, für welches Produkt eine Veredelung eingesetzt wird.

Veredelung von Verpackungen: Emotionales Auspacken

Bei veredelten Verpackungen scheint der Mehrwert erkennbar zu sein – viele von uns werden schließlich schon selbst die Erfahrung gemacht haben, dass eine veredelte Verpackung den Kaufanreiz steigert.

Dafür gibt es sogar einen Beleg: Die STI Group, ein Verpackungshersteller mit vielfältigen Veredelungen, hat getestet, wie eine veredelte Verpackung den Kaufanreiz steigert. Anhand einer fiktiven Schokoladenmarke hat das Unternehmen überprüft, ob die Endverbraucher bereit wären, mehr Geld auszugeben, wenn die Verpackung veredelt ist. Die Studie hat ergeben, dass die Befragten für eine veredelte Verpackung im Durchschnitt fünfzig Prozent mehr bezahlen.

Warum ist das so? Weil Menschen multisensorische Wesen sind. Wird der haptische Sinn angeregt und es fühlt sich gut an, wird das Produkt länger in der Hand behalten. Der Besitzanspruch kommt durch: „Haben wollen.“ Das kann der entscheidende Impuls zum Kaufentschluss sein.

Auch das kennen wir selbst: Ist die Verpackung hochwertig, ist auch das Auspacken ein ganz besonderes Erlebnis. So wird eine emotionale Bindung zum Produkt hergestellt und die Verpackung wird oftmals nicht weggeworfen. Bei Premium- und Luxusmarken tragen hochwertige Veredelungen zusätzlich zur Markenpersönlichkeit bei.

Veredelungen bei Verpackungen können aber auch noch einen praktischen Mehrwert haben: beispielsweise Wasser- und Fettdichtigkeit, Feuerhemmung, Hitzebeständigkeit oder Kratzschutz für empfindliche Oberflächen.

Veredelung von Mailings: Höhere Öffnungsquote

Bei Mailings besagt eine Studie der Willmy Media Group, dass eine Individualisierung stark die Öffnungs- und Lesequoten bei interessierten Empfängern beeinflusst. Erfolgreiche Werbekampagnen müssen also Aufmerksamkeit hervorrufen und eine Werbewirksamkeit haben. In einer Case-Study des Papiergroßhändlers Antalis über eine Cross-Media-Einladungskampagne war die Responsequote bei einer hochindividuellen und hochveredelten Einladung 4,4-fach höher als bei einem einfachen Selfmailer.

Für die Case-Study wurde die Einladung in drei unterschiedlichen Versionen gedruckt. Die erste gedruckte Mailingvariante war ein einfacher Selfmailer mit insgesamt 16 unterschiedlichen Variablen. Die zweite Version, eine vierseitige Einladung, hatte 18 Variablen und war zudem durch Raised Print (fühlbarer, erhabener Druck) und einen transparenten Umschlag veredelt. Eine vierseitige Einladung mit Klapper bildete schließlich die dritte Variante. Hier wurde mit irisierendem Premiumpapier und Deckweiß sowie 20 Variablen gearbeitet.

Veredelung von Magazinen, Geschäftsberichten und Broschüren: Wertschätzung

Bei einer Zeitschrift oder Broschüre können bestimmte inhaltliche oder saisonale Themen mit geschickt eingesetzten Akzenten in Szene gesetzt werden. Ist im Inhalt zum Beispiel ein Beitrag über die Sahara und auf dem Umschlag daher eine Sandwüste abgebildet, bietet sich eine besondere Veredelung an: Durch einen Sandlack spürt man beim Berühren des Bildes eine raue Oberfläche, die wie Sand anmutet. So werden Emotionen geweckt. Gerade bei mehrmals oder regelmäßig aufgelegten Druckwerken kann durch eine sinnvoll eingesetzte Veredelung eine richtige Belohnungslektüre entstehen. Die Wertschätzung des Kunden durch Ad-Specials gilt auch für Beilagen, Beihefter und Anzeigen. Der Mehrpreis ist sozusagen fühlbar.

Sonstige Veredelungen: Interaktion

Man kennt es von Rubbellosen oder ähnlichen Gewinnspielen und von Mailings. Durch die Aufforderung ein Feld frei zu rubbeln, wird vom Verbraucher eine Aktion verlangt. Auch dabei geht es darum, dass der Verbraucher sich mit dem Produkt länger beschäftigt und so der Kaufanreiz steigt.

Aber Veredelung wird nicht nur in der Werbung eingesetzt. Das Beispiel eines Lernspiels zeigt, wie Aktion und Nutzen sinnvoll verbunden werden. Es geht darum, Rechenaufgaben zu lösen. Die Ergebnisse können mit einem Folienstift eingetragen und auch wieder weggewischt werden. Erwärmt man die schwarzen Felder, wird das richtige Ergebnis sichtbar. Dafür wurde das Produkt laminiert und mit einem Thermolack versehen.

Kostenbeispiel für Veredelungen

Nun stellt sich die Frage: Was kostet die Schönheitsoperation? Dafür gibt es nur eine Faustregel: Individualität hat ihren Preis. Und der richtet sich nach der Gestaltung, der Auflage und dem Material.

Beispiel für ein Magazin in DIN A4

Umschlag mit verschiedenen Veredelungen/einseitig Zweck Gesamtpreis (netto)
ohne Veredelung 2.440 €
mit Dispersionslack glänzend Schutz der Drucksache 2.500 €
mit Glanzfolienkaschierung Schutz der Drucksache 2.670 €
UV-Glanzlack, einseitig partiell (20 %) Sensorische Veredelung 2.760 €
Sandimitationslack, einseitig partiell (20 %) Sensorische Veredelung 3.085 €
Dispersionsmattlack (Schutz), partielle Ausstanzung Schutz, sensorische Veredelung 2.910 € + 300 € (Stanzform) = 3.210 €

 

Fazit

Mit einem durchdachten Konzept werden Mehrwerte und Nutzen erschaffen. Durch die vielfältigen Techniken bieten Veredelungen eine Fülle von Möglichkeiten und kreativen Ideen, die Druckprodukte zu kleinen „Meisterwerken“ werden lassen. Diese landen selten im Papierkorb.

Die Aufwertung von Drucksachen gibt es nicht gratis, sondern nur gegen Aufpreis. Ad-Specials sollten individuell sein, um sich abzuheben. Ähnlich differenziert sind daher auch die Kosten. Der erzielte Mehrwert hängt aber weniger an den Kosten als an einem sinnvollen Einsatz.

 
Titelbild: publish!

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Porträt: Anja Matull, Druckerei BWH. Ihr Thema. Wann sich Veredelung lohnt.

Zur Person:

Anja Matull ist beim Druck- und Mediendienstleister BWH in der Mediengestaltung tätig. Sie freut sich immer, Printprodukte mit gut gemachten haptischen Effekten zu erleben. Das gibt ihr auch Inspirationen für Aufgaben wie die Produktentwicklung.