Anana’s aus Costa Rica

Der Apostroph bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen. Genauer: Viele wissen nicht, den kleinen Haken mit großer Wirkung richtig einzusetzen. Auch bei Werbe- und Content-Marketing-Kampagnen schleicht sich dieser Fehlerteufel immer wieder ein. Ein Exkurs in die Regeln richtiger Zeichensetzung.

Die Aufstellung des Haarer Maibaum’s war schon ein ziemliches Malheur. Einen Tick zu international kamen die Actioncamera’s daher. Doch spätestens, wenn einem Anana’s aus Costa Rica angeboten werden, wird’s Zeit für eine Klärung: Was will uns dieser kleine Haken, dieses hochgerutschte Komma eigentlich sagen?

Der Apostroph bereitet offensichtlich vielen Schwierigkeiten. Dabei will er nur eines: zeigen, dass etwas fehlt. Das kann mal eine Hoheit sein wie beim Ku’damm oder bloß ein kleiner Vokal, wie’s jetzt gerade gescheh’n ist. Dabei ist dieser Auslassungsanzeiger stärker als so manch anderes Satzzeichen, könnt’ er doch sogar den Anfang eines Satzes machen. ’n tolles Ding, fürwahr. So ist der Apostroph ein eleganter Übergang, wo’s gesprochene Sprache ins Schriftbild zu setzen gilt.

Und genau hier mag gerade in der Stärke des kleinen Zeichens eine Gefahr verborgen liegen. Denn manches im Deutschen sieht im Auge des ein oder anderen einfach nicht elegant aus. Den Schreiber zwickt’s beim Lesen, und so wird etwas Balsam hinzugefügt und aus CDs werden CD’s und die DVD’s werden gleich dazugelegt. Und wenn diese Abkürzungen erst einmal apostrophiert sind, dann doch bitte auch gleich ebenso die GmbH’s und Co. KG’s. Sieht auch viel internationaler aus, erinnert mehr an McDonald’s und weniger an die Spießigkeit des letzten Jahrhunderts, das dann auch gleich Jh.’s abgekürzt wird (sonst wäre da ja ein Punkt mitten im Wort, das geht ja mal gar nicht).

In all diesen Fällen will er nur eines, der Apostroph: weg (außer bei McDonald’s natürlich, nur spricht dieser Apostroph Englisch und versteht die Probleme seines deutschen Kollegen nicht wirklich). Ja, er findet CDs in Ordnung und auch GmbHs, ihm gefällt sogar des Jh.s Punkt, der doch alles Ausgelassene bereits in sich vereint. Des Maibaums Pracht kann durch einen Haken nicht gesteigert werden, und Actioncameras sind Plural genug. Der Apostroph hat an solchen Stellen nichts zu tun und wird für übermäßigen Arbeitseifer auch nicht extra entlohnt. Also lassen wir ihn doch einfach mal in Ruh.

Der Apostroph ist eine Diva

Eine besonders delikate „Auslassung“ dagegen ist ein echtes Steckenpferd unseres Spezialisten für das Unausgesprochene. Die Rede ist vom Genitiv, und zwar gerade jenem, der eigentlich gar nicht richtig „ausgelassen“ wird. Denn wenn Andreas einen Imbiss eröffnet, dann fehlt „Andreas Imbiss“ eigentlich nichts. Oder würden Sie wirklich von Andreases oder Andreasens Imbiss sprechen respektive schreiben wollen? Dennoch: Andreas Imbiss ist nicht der Imbiss von Andreas, vielmehr natürlich jener von Andrea. Und so kommt der Apostroph Andreas zu Hilfe und stellt die Besitzverhältnisse wieder her: „Andreas’ Imbiss“, et voilà. (Und seit der Rechtschreibreform darf auch Andrea ihren Namen mit einem Apostroph adeln und betonen, dass das s nur Genitivzeichen ist und eigentlich gar nicht zu ihr gehört: „Andrea’s Imbiss“, wenn sie es denn unbedingt will …)

Steht irgendwo ein Eigenname, der auf einen S-Laut endet, im Genitiv, so ist der Apostroph das Mittel der Wahl: Grass’ „Blechtrommel“ erhält so ihren Autor und Vaduz’ Schloss einen Heimatort. Sogar wenn es nicht ausgesprochen wird, will auf ein x ein Häckchen folgen, sodass wir nunmehr Bourdeaux’ Weine genießen können. In Konkurrenz zum schnöden s dürfen selbst Joyces Werke durchaus auch als Joyce’ Werke tituliert werden. Und Buckingham Palace ist Elisabeth’ Residenz ebenso wie Windsor Castle als Elisabeths Landsitz bezeichnet werden mag.

Doch Vorsicht! Der Apostroph ist eine ziemliche Diva und will stets allein die Hauptrolle spielen. Daher macht er immer dann einen Abgang, wenn etwa so ein vagabundierender Artikel daherkommt und den fehlenden Genitiv deutlich zum Ausdruck bringt. So wird aus Andreas’ Imbiss dann doch der Imbiss des Andreas.

Allein was sind nun Anana’s aus Costa Rica? Ich weiß es nicht. Aber sie kosten nur 88 Cent das Stück.

Titelbild: publish! | Material: Adobe Stock

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Zur Person:

Clemens Bernhard studierte Germanistik und Philosophie. Mit dem Masterabschluss machte er seine Neigung zum Beruf und ist nun bezahlter Besserwisser. Er korrigiert und lektoriert fast alles, was auch nur entfernt an die deutsche Sprache erinnert. lektoren.de/profil/clemens-bernhard