Sie gehört zu den wichtigsten Bestandteilen eines Artikels: die Überschrift. Gemeinsam mit dem Vorspann entscheidet sie häufig, ob ein Text überhaupt gelesen wird. Ein Journalist gibt Tipps, wie gute Titel und Einleitungen funktionieren.
Zeit, davon scheint heute immer weniger vorhanden zu sein, was natürlich Quatsch ist, weil die Uhren nicht schneller ticken und der Tag weiterhin 24 Stunden, die Stunde sechzig Minuten und die Minute sechzig Sekunden hat. Alles beim Alten. Und doch ist die gefühlte Wahrheit eine andere. Das Leben hat sich beschleunigt. Den Blinker links setzen macht doch kein Mensch mehr, fahren eh alle auf der Überholspur, weil, genau, keiner Zeit hat. Für die Medien- und Werbebranche sind dies keine guten Zeiten, denn ihre Produkte benötigen Zeit, damit eine Anzeige bemerkt, ein Spot gesehen und ein Text gelesen wird. Wie gelingt es also in Zeiten knapper Zeitbudgets, potenzielle Kunden zum Verweilen zu bewegen und zur Auseinandersetzung mit Inhalten? „Keine leichte Aufgabe“, sagt Alexander Nortrup. Der Journalist, der unter anderem für den NDR arbeitet, ist davon überzeugt, dass Texte es einfacher haben, wenn eine gute Überschrift sowie ein guter Vorspann zum Lesen einladen.
Was muss in deinen Augen eine Überschrift haben, damit sie den Leser anspricht?
Die Überschrift skizziert im Idealfall den Inhalt des Artikels, ist dabei geistreich, macht neugierig und regt letztlich an, den Artikel zu lesen. Die Realität ist allerdings oft eine andere. Ob Magazine oder Zeitung, online oder offline, überall gibt es Konventionen, die einzuhalten sind. Platzgründe im Layout sind beispielsweise eine banale, aber stark restriktive Einschränkung.
Beeinflussen Medium oder journalistische Darstellungsform die Überschrift?
Beides. Auf Online-Nachrichtenportalen soll der Leser auf einen Blick die Meldungen erfassen und verstehen. Hier gilt es, Überschriften kurz und präzise zu formulieren, um bereits deutlich das Thema des Artikels zu umreißen. Weil es eine zeitökonomische Lektüre erlaubt, ist auch offline, insbesondere in Zeitungen, die nachrichtliche Überschrift verbreitet. In Magazinen ist das anders, hier kommen lockende Überschriften zum Einsatz. Das können zum Beispiel Reime und Wortspiele sein. Und natürlich macht es da am meisten Spaß, sich kreativ auszutoben – immer vorausgesetzt, es bleibt dem Thema angemessen.
Manche Überschriften setzen beim Leser ein gewisses Vorwissen voraus. Wie gut muss der Autor seine Leserschaft, seine Zielgruppe kennen?
Sehr gut natürlich. Denn keine Überschrift kommt ohne Vorwissen aus. Wenn ich „EZB senkt Leitzins“ schreibe, setze ich voraus, dass der Leser die Abkürzung für „Europäische Zentralbank“ kennt. Im ersten Schritt muss die Überschrift nur mir gefallen. Aber danach prüfe ich natürlich, ob sie verständlich ist und zur Zielgruppe passt. Man muss schon so demütig sein, den eigenen Geschmack nicht an die erste Stelle zu setzen. Mein Tipp: Wenn die Möglichkeit besteht, einfach das Gespräch mit einem Kollegen suchen. Dann merkt man schnell, ob die Überschrift funktioniert oder nicht.
Und wie sieht der ideale Vorspann aus?
Ähnlich wie die Überschrift beeinflussen Medium und journalistische Darstellungsform auch den Vorspann. Für Magazine gilt: Der Vorspann ist die Kunst des Weglassens. Hier gibt es zwar mehr Raum als bei der Überschrift, aber ein guter Vorspann ist prägnant und in klaren Worten geschrieben. Er bündelt die Aussage des Textes, sollte aber bloß nicht die Pointe erzählen.
Titelbild: publish!
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